Archiv für den Monat: November 2008

Vitamin C schützt Krebszellen oder das Imperium schlägt zurück

Vitamin C schützt Krebszellen oder das Imperium schlägt zurück.

Vitamin C schützt Krebszellen / angeblich
oder das Imperium schlägt zurück. Armin Rau

Seit 01. Oktober, 8:00 MEZ, wissen wir nun, Vitamin C schützt Krebszellen – angeblich – in Mäusen…

Grundlage der Pressemittelungen in Onkologie-Journal, BBC etc. ist eine Studie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, unter Leitung von Dr. Heaney. In dieser Studie wurden Krebszellen (leukemia (K562) and lymphoma (RL) cell lines) in vitro und in Mäusen, mit Doxorubicin, Cisplatin, Vincristine, Methotrexate, und Imatinib konfrontiert, mit und ohne Vitamin C-Substitution. Der vollständige Artikel ist nur im Cancer Research (Cancer Research 68, 8031-8038, October 1, 2008. doi: 10.1158/0008-5472.CAN-08-1490

© 2008 American Association for Cancer Research) er- schienen, und daher nicht jedem zugänglich.

Die Ergebnisse der Studie sind nicht wirklich neu und können von daher auch nicht überraschen. Wohl aber die Interpretation dieser Ergebnisse, durch Dr. Heaney:

Heaney says that he suspects that vitamin C is good for the cells of normal tissue because it provides more protection for the mitochondria, and thus probably extends cell life. „But that isn’t what you want when you are trying to eliminate cancer cells,“ said Heaney, who notes that cancer patients should eat a healthy diet, which includes foods rich in vitamin C. It is use of large doses of over-the-counter vitamin C that is worrisome, he says.

Was also ist geschehen? Nicht erst seit John Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“ vermuteten wir, dass es gewisse Unterschiede, zwischen Mäusen und Menschen geben könnte. Während Primaten vor etwa 65 Millionen Jahren, die Gulonolakton-Oxidase und damit die Fähigkeit zur Ascorbinsäure-Synthese verloren haben, synthetisieren die kleinen Nager, auch im 21. Jahrhundert, die benötigte Ascorbinsäure selbst. Für Mäuse ist Ascorbinsäure, kein Vitamin. Daher wäre es hilfreich, etwas über eventuelle Feedback-Mechanismen zu erfahren, bei zusätzlicher Substitution von Ascorbinsäure.

In menschlichen Zellen käme Ascorbinsäure nicht vor, wenn sie nicht oral oder thera-peutisch iv. zugeführt würde. So lautet zunächst die spannende Frage: Wie gelangt Ascorbinsäure in die menschliche Zelle? Die Antwort mag zunächst verwundern: GAR NICHT. Die Zellmembranen menschlicher Zellen besitzen (bis auf ganz wenige Ausnahmen) keine Transporter für Ascorbinsäure. Transportiert wird, über Glucose-Transporter, die oxidierte Form der Ascorbinsäure, die Dehydroascorbinsäure. Ascorbinsäure und Dehydroascorbin- säure bilden ein Redoxsystem, bei dem die Monodehydroascorbinsäure (Ein-Elektronen- übergang!) eine reaktionsfähige Zwischenstufe ist. In der Zelle befindet sich zunächst also die Dehydroascorbinsäure, die in Ascorbinsäure reduziert werden muss. Dies geschieht unter Verbrauch von reduziertem Glutathion (2 GSH – GssG). In Abhängigkeit der aktuellen Konzentration von Dehydroascorbinsäure, wird eben der Glutathion-Pool aufgebraucht, der auch die, an der Multi-Drug-Resistence (MDR) gegen Chemotherapeutika massgeblich beteiligte Glutathion-S-Tranferase, unterhält. Eben der Glutathion-Pool, der die durch manche Chemotherapeutika (z.B. Cisplatin) induzierten reaktiven Sauerstoffspezies

(ROS) zu neutralisieren vermag. Es ist letztlich also eine Frage der Dosierung, ob Ascorbin- säure reduzierend, prooxidativ oder oxidierend wirkt.

Nun unterstellt die Studie der Ascorbinsäure vor allem aber eine schützende Wirkung auf die Mitochondrien der Krebszellen. Es geht hier wohl um eine Stabilisierung der Mitochon-drienmembran, die ein Austreten von Cytochrom C und damit die Apoptose-Auslösung (intrinsische Apoptose) verhindert. Aber auch diese Membranstabilisierung ist vorrangig Aufgabe des Glutathion-Systems. Die Konzentration von reduziertem Glutathion wird aber beeinträchtigt, z.B. von der Konzentration von Dehydroascorbinsäure aber auch vom Malignitätsgrad der Krebszelle.

Wie Heaney und vor ihm andere festgestellt haben, besitzen Krebszellen eine gewisse Affinität zur Ascorbinsäure. Dies ist leicht zu erklären. Seit Warburg vermuten wir, seit Coy wissen wir, dass sich die Krebszelle, auf ihrem Weg zur Malignität hin entwickelt, zur archaischen Urzelle. Gehen wir ein paar Schritte zurück in der Evolution, so etwa drei Milliarden Jahre: auf der Erde gab es keinen Sauerstoff. Entsprechend „beschaulich“ sah die Energiebilanz der anaeroben Glycolyse aus. Aus einem Mol Glucose wurden 2 Mol ATP. Erst Sauerstoff „revolutionierte“ den Stoffwechsel und durch „Verbrennung“ konnten nun aus einem Mol Glucose, 36 Mol ATP gewonnen werden. Freilich zum Preis der Sterblichkeit, des oxidativen Stresses und der Notwendigkeit, ausreichender Reduktiosäquivalente. Die Krebszelle schaltet jedoch, im Laufe ihres grundsätzlich ewigen Lebens um, von oxidativer Glycolyse, auf Vergärung. Wegen dieser unökonomischen Stoffwechselbilanz, benötigt die Krebszelle wesentlich mehr Glucose, wozu auch mehr Glucosetransporter notwendig sind. Und diese Glucosetransporter transportieren, wie bereits festgestellt, auch Dehydroascor-binsäure!

Die Krebszelle verabschiedet sich zunehmend von ihren Mitochondrien und deren Funktion und auch von den, nun nicht mehr benötigten Reduktionsäquivalenten. Die in die Krebszelle eingebrachte Dehydroascorbinsäure kann nicht mehr reduziert werden und entfaltet ihr oxidatives, zytotoxisches Potential.

Letztlich fehlt der Studie nur die Umsetzung des pharmakologischen Grundsatzes:

„die Dosis entscheidet, ob eine Substanz ein Gift ist“.

Auch nach dieser Studie muss kein Therapeut, der eine Hochdosis-Vitamin C-Therapie (1Gramm/kg/KG, mindestens 50 Gramm) durchführt, befürchten, dass er damit Krebszellen schützt.

Im Übrigen verweise ich auf die Veröffentlichung von Mark Levine vom 6.06.2008:

“Pharmacologic doses of ascorbate act as a prooxidant and decrease growth of aggressive tumor xenografts in mice”

Armin Rau

 

Hier ist der berechtigte Grund von Armin Rau auf diesen unsinnigen untenstehenden Beitrag zu reagieren

01.10.2008

Vitamin C beeinträchtigt Wirkung von Krebs-Medikamenten

Vitamin-C-Präparate können die Wirkung einer Reihe von Medikamenten gegen Krebs entscheidend beeinträchtigen. Eine Studie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center ist zu dem Ergebnis gekommen, dass je nach Medikament 30 bis 70 Prozent weniger Krebszellen zerstört werden. Weitere Tests nach einer Chemotherapie ergaben, dass Tumore bei Mäusen, die zuvor mit Vitamin C behandelt worden waren, schneller wuchsen. Die Forscher gehen im Fachmagazin Cancer Research davon aus, dass der gleiche Mechanismus auch die Ergebnisse von Krebsbehandlungen bei Patienten beeinträchtigen könnte.

Frühere Studien waren laut BBC davon ausgegangen, dass Vitamin C als Antioxidationsmittel Vorteile für Krebspatienten bringen sollte. Das Team um Mark Heaney untersuchte die Auswir- kungen einer Form von Vitamin C auf die Wirksamkeit einer Reihe von Krebs-Medikamenten auf Krebszellen. Es zeigte sich, dass die Wirkung aller Medikamente beeinträchtigt war, wenn die Zellen zuvor mit Vitamin C behandelt wurden. Manche Arten von Krebsmedikamenten produzieren Moleküle, die als freie Sauerstoffradikale mit anderen Molekülen in der Krebszelle kommunizieren und ihr Absterben herbeiführen können. Theoretisch könnte das Vitamin C die freien Radikale binden und so die Krebszellen trotz Chemotherapie am Leben erhalten.

Die aktuelle Studie zeigte jedoch, dass nicht entscheidend war, dass das Vitamin die freien Radikale neutralisierte. Viel mehr schien es die Mitochondrien in den Krebszellen vor Schaden zu bewahren. Sie sind es, die in einer Zelle ein Energiezentrum schaffen, dessen Beschädigung zum Zelltod führen kann. Das Vitamin trägt daher in der Folge dazu bei, dass die Zellen gerettet werden. Alle Medika- mente gegen Krebs basieren direkt oder indirekt darauf, die Mitochondrien in ihrer Funktion zu stören und so das Absterben der Zelle herbeizuführen. Frühere Studien des Teams hatten nachgewiesen, dass Vitamin C sich in Krebszellen stärker ablagert als in normalen Zellen. Die aktuell eingesetzte Menge des Vitamins entsprach jener, die in hoch dosierten Präparaten ent- halten ist. Heaney räumte ein, dass Vitamin C für gesunde Zellen gut sein kann. Seine schützende Wirkung schlägt jedoch bei Krebszellen in das absolute Gegenteil um. (pte)